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Ein Autor – eine Stadt. Emanuel Bergmann zeigt uns sein Los Angeles. Eine kulturell-lukullische Entdeckungstour

In Deutschland geboren und aufgewachsen lebt Emanuel Bergmann seit über 20 Jahren in Kalifornien. Nach dem Abitur wanderte er mit nur zwei Koffern nach Los Angeles aus, um in der Filmindustrie zu arbeiten. Mittlerweile ist er Autor. Die amerikanische Stadt voller Chaos und fremder Kulturen inspirierte ihn zu seinem Debüt Der Trick, in dem ein kleiner Junge sich auf die Suche nach einem Zauberer macht, um die Scheidung seiner Eltern zu verhindern.

Foto links: Philipp Rohner/© Diogenes Verlag. Foto rechts: by Scott Schwartz, CC BY 2.0

Ich lebe momentan in Los Angeles, aber wer weiß, wie lange noch. Denn das Leben hier hat so seine Vor- und Nachteile. Zu den Vorteilen zählt das gute Wetter. Zu den Nachteilen die mörderische Hitze im Sommer, und dass es manchmal nicht genug Wasser gibt und man beim Duschen immer Schuldgefühle bekommt. Die Stadt ist leider wahnsinnig teuer und daher auf Dauer vielleicht nicht machbar, aber sie gefällt mir einfach. Schlimm ist der Verkehr und dass man im Grunde ständig von Wahnsinnigen umgeben ist, was auf der anderen Seite wieder etwas Inspirierendes hat.

Los Angeles ist, wie seine Partnerstadt Berlin, in verschiedene autarke Stadtviertel unterteilt, die man nur ungern verlässt. An der Westseite leben wohlhabende weiße Menschen, von denen die meisten gut aussehen und gut gekleidet sind. Der Rest der Menschheit lebt anderswo. Ich selbst wohne so ziemlich in der Mitte der Stadt, in einem an sich recht schnöseligen Viertel namens Los Feliz.

An sich ist es hier unbezahlbar, aber ich lebe in einem vom Verfall angenagten Wohnhaus, wo es eine Mietbremse gibt, nur deshalb kann ich es mir überhaupt leisten zu schreiben. Meine Miete ist bezahlbar. Aber die Gegend ist toll. An der Ecke Sunset Boulevard und Hillhurst Avenue ist mein Lieblingskino, das »Vista«.

Foto: Steve Peters, Vista Theater, Los Angeles, CC BY 2.0

Es stammt aus den frühen Zwanzigern, als man hier überall veritable Filmpaläste errichtet hat. Die Außenseite hat aztekisch angehauchte Fresken, aber als 1922 Howard Carter das Grab des Tutanchamun entdeckt hat, war plötzlich alles Ägyptische sehr in Mode, und so hat man die Innenseite des Kinos wie eine ägyptische Grabkammer gestaltet, es gibt sogar künstliche Totenmasken an den Wänden, die einen mit rot glühenden Augen anstarren.

Nur wenige Meter entfernt ist Best Fish Tacos in Ensenada, eine Taco-Bude, wo es – dem Namen entsprechend – nur Fisch-Tacos gibt, und zwar mit die besten der Stadt. Zugegeben, die Tacos sind nicht ganz so preiswert wie in Mexiko, ein Taco kostet 1,75$, aber sie sind sehr lecker, besonders mit Avocado-Salsa. Die ist übrigens kostenlos.

Foto: by Ray Bouknight, Fish Tacos, Zocalos, CC BY 2.0, (Symbolbild)

Ganz in der Nähe von mir ist das Trendviertel Silverlake, und ich würde jedem Besucher empfehlen, mit dem Auto durch die Hügel dort zu fahren, man hat dort phantastische Aussichten auf die Stadt und das berühmte Hollywood-Schild.

Die schönste Aussicht der Stadt hat man allerdings von der obersten Etage des Parkhauses im Bamboo Plaza, einer Shopping Mall in Chinatown, von dort aus kann man ganz Downtown sehen und Pasadena im Norden. Ein herrlicher Ausblick! Überhaupt ist Chinatown einen Besuch wert, schon wegen des Essens. Von meiner Wohnung aus komme ich mit dem Bus Nr. 2 oder der U-Bahn problemlos dorthin.

Südlich von Chinatown ist Olvera Street, der historische Stadtkern, immerhin noch originalverpackt aus dem Jahre 1789 und im Stil eines mexikanischen Pueblos. (Dort kann man auch sehr gut mexikanisch essen!)

Genau gegenüber ist der Hauptbahnhof, Union Station, der im Art-déco-Stil gehalten ist und schon in vielen Filmen zu sehen war.

Nicht weit davon ist Little Tokyo, wo man bei Oomasa für wenig Geld unfassbar gutes Sushi bekommt. Zudem hat der Laden fast immer offen, und genau gegenüber gibt es im Straßenverkauf frisch gebackene Mungbohnen-Küchlein.

Fährt man von Downtown in westliche Richtung, empfiehlt es sich, am Olympic Boulevard, nur eine Straße westlich von der Vermont Avenue, am Hannam-Supermarkt zu halten, ein koreanischer Supermarkt. Dort gibt es erwartungsgemäß leckeres Kimchi, und zwar eimerweise für lau! An einer Theke kann man sich koreanische Teigtaschen kaufen, die wahnsinnig köstlich sind.

Auch schön ist es, von Downtown aus immer den Sunset Boulevard bis zum Strand hin entlangzufahren. In Eagle Rock gibt es tolle Cafés, und es ist ein herrliches Gefühl, wenn man nach fast zwei Stunden Autofahrt endlich den Pazifik vor sich sieht.

 

Emanuel Bergmann, geboren 1972 in Saarbrücken, ging nach dem Abitur nach Los Angeles, um dort Film und Journalismus zu studieren. Er war viele Jahre lang für verschiedene Filmstudios, Produktionsfirmen und Verlage in den USA und Deutschland tätig. Derzeit unterrichtet er Deutsch, übersetzt Bücher und schreibt Artikel für diverse deutsche Medien. Der Trick ist sein erster Roman. Erschienen am 24. Februar 2016, auch als eBook und als Hörbuch, eingelesen von Stefan Kaminski).