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»Ich wollte einen Roman schreiben, den man mehr als einmal lesen möchte.«
Lina Nordquist über ihr Debüt

Der in Schweden als Buch des Jahres 2022 gekürte Roman von Lina Nordquist erscheint am 27.9.2023  in deutschsprachiger Übersetzung von Stefan Pluschkat. Mein Herz ist eine Krähe handelt von Verlust, Trauer und familiärer Verbundenheit – vor allem aber von den ergreifenden Lebensgeschichten zweier Frauen unterschiedlicher Generationen.

Anlässlich der anstehenden Veröffentlichung der Romanübersetzung richtet sich Lina Nordquist in einem persönlichen Schreiben an die Buchhändler:innen und an ihre deutschsprachige Leserschaft. Lesen Sie selbst!

Foto: © Ola Hedin | Diogenes Verlag

Liebe:r Buchhändler:in, liebe:r Leser:in

Wo kam sie her, die Geschichte?

Als meine Kinder auf die Welt kamen, war das etwas, das meine ganze Welt auf den Kopf gestellt hat. Alles um mich herum wurde mit einem Mal viel schöner, aber auch viel furchterregender. Ich wurde weich. Und ich wurde sterblich. Gedanken darüber, wie unversehens schnell alles vorbei sein konnte, prasselten auf mich ein. Das war der Moment, in dem ich begann zu schreiben, angetrieben von meiner größten Furcht: meine Kinder nicht beschützen zu können.

Es ist das Jahr 1897, als die junge und arme Unni panisch aus ihrer Heimatstadt in Norwegen flieht, nur ihren kleinen Sohn Roar an die Brust gedrückt und den Vagabunden Armod an ihrer Seite. Zu Fuß überqueren sie schneebedeckte Gipfel und wilde Wälder, um einen Ort zu finden, der sicher ist, den sie Zuhause nennen können. Im nördlichen Schweden finden sie eine verlassene Kate an der Grenze zwischen Wildnis und Zivilisation. Dort, zwischen den blauen Bergen und schwarzen Wäldern, müssen sie sich nach den Launen des Landbauern und Mutter Natur richten.

Unnis Geschichte ist verbunden mit den Schicksalen zweier anderer Frauen. Um 1973 ist Unnis Sohn Roar in hohem Alter verstorben. In der Kate sind nur noch seine Frau und seine Schwiegertochter und kümmern sich um seine Beerdigung. Kåra, die Schwiegertochter, ist das Gegenstück zu Unni. Sie ist zerbrechlich und psychisch labil und wird von einer großen seelischen Leere gequält. Außer einem gelegentlichen »Reiß dich zusammen!« und ein paar Beruhigungsmitteln erhält sie nie Hilfe. Roars Witwe Bricken hingegen ist ein Mosaik aus Erzählerinnen, die ich im Laufe meines Lebens kennengelernt habe: meine Großmutter, meine Grundschullehrerin und meine eigene Schwiegermutter.

Dunkelheit schleicht sich ein, als sich die Schicksale der drei Frauen miteinander verbinden. Was geschah wirklich, als Roars Eltern vor so langer Zeit in die Hütte kamen? Die Liebe von Unni und Armod war die größte von allen. Kåras Sorge ist genauso groß, und nun will sie das Schweigen brechen und die Geheimnisse lüften, die so lange gehütet wurden.

Jetzt scheint es so offensichtlich, aber am Anfang gab es keine Geschichte, nur verstreute Notizen und Fragmente von Geschichten, die ich wie eine Elster gesammelt und aufbewahrt hatte. Lange Zeit kritzelte ich auf Quittungen und an den Rand verschiedener Arbeitsberichte – meine Kinder waren klein und die Arbeitstage lang, sodass kaum Zeit zum Schreiben blieb. Erst als ein Fernsehreparateur es versehentlich unmöglich machte fernzusehen, fand ich die Zeit zum Schreiben. Eines späten Abends setzte ich mich in eine Ecke, die später meine Schreibecke werden sollte und wo ich noch heute schreibe, eingepfercht zwischen einer Wand, die man vor Büchern nicht mehr sieht, und großen Säcken mit Trockenfutter für unsere Jagdhunde.

In dieser Schreibecke habe ich jede Szene vor dem Hintergrund der Wälder von Hälsingland ausgeschmückt: die alten Wälder, in denen ich aufgewachsen bin, die Wälder, die einst unendlich brutal gegen arme Menschen waren. Heute ist meine Schreibecke ein sicherer Ort, an dem ich nach einer harten Arbeitswoche durchatmen kann. Und genau dort habe ich mir ein Ziel gesetzt: Ich wollte eine poetische Sprache mit einer kraftvollen Vorwärtsbewegung verbinden. Vor allem aber wollte ich einen Roman schreiben, den man mehr als einmal lesen möchte.

Lina Nordquist, Juni 2023

Aus dem Englischen übersetzt von Till Tannhäuser
© by Diogenes Verlag AG Zürich

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Mein Herz ist eine Krähe

Aus dem Schwedischen von Stefan Pluschkat

Norrland um 1900: Unni, Armod und der kleine Roar mussten überhastet aus Norwegen fliehen. Inmitten der blauen Berge und dunkelgrünen Wälder Hälsinglands finden sie ein neues Zuhause. Doch die brutalen Launen der Natur und des Landbesitzers lassen die kleine Familie kaum Frieden finden. Mehr als 70 Jahre später plant Kåra die Beerdigung ihres Schwiegervaters Roar. Was ist damals wirklich passiert? Und welche Geheimnisse verbinden Kåra und Unni über die Jahrzehnte hinweg?


Lina Nordquist, geboren 1977 in Norrala, ist Schriftstellerin, außerordentliche Professorin für Physiologie, Diabetesforscherin und Politikerin. Seit 2018 ist sie Mitglied des schwedischen Parlaments. Sie wuchs in Hälsingland auf und lebt derzeit mit ihrer Familie in Uppsala. Ihr Debütroman Mein Herz ist eine Krähe wurde als Buch des Jahres in Schweden ausgezeichnet.