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Joachim B. Schmidts Brief über seinen neuen Roman ›Ósmann‹

Vor wenigen Wochen erschien Joachim B. Schmidts Roman Ósmann – eine lebenspralle und beinahe unglaubliche Geschichte vor mystischer Kulisse. Der Bestseller-Autor schreibt in seinem neuen Buch über das wahre Leben eines legendären Fährmanns. An Schreibende und Lesende hat er einen Brief geschrieben, in der er erzählt, wie es dazu gekommen ist.

Foto: Eva Schram / © Diogenes Verlag

Der hohe Norden Islands um die Jahrhundertwende. Dort setzt Jón Magnússon Ósmann mit seiner Seilfähre Menschen, Tiere und Waren über die Gewässer des Skagafjords. Er ist ein Fischer und Robbenjäger, er sieht Geister und Elfen, er ist ein Menschenfreund, der Bedürftige verpflegt und beherbergt, und er ist ein gottesfürchtiger Trinker und Poet. Überlebensgroß, kräftig, gesellig und dabei versehrt vom eigenen Schicksal, sodass ihn die Fluten zu locken beginnen, die er über vierzig Jahre lang befahren hat. Doch wo hat Joachim B. Schmidt seinem Ósmann zum ersten Mal begegnet?

Post von Joachim B. Schmidt

Reykjavik 20.1.2025

Liebe Schreibende, liebe Lesende

Zum ersten Mal begegnet bin ich Ósmann vor zehn Jahren während meiner Ausbildung zum Reiseführer. Wir Auszubildende erhielten einen kurzen Abriss seines Lebens, Fährmann, Jäger, Dichter, Trinker, ein Lebemann, der sich in derselben Flussmündung ertränkte, die er während 40 Jahren befahren hatte. Von seiner Existenz zeugt heute eine Statue am Wegrand, unweit der Fährstelle, oberhalb der Brücke, die 1926 gebaut wurde, wenige Jahre nach dem Tod des Fährmanns, Jón Magnússon Ósmann.

Diese kurze Begegnung während meiner Ausbildung berührte mich sehr. Ich folgerte, dass sich Ósmann umgebracht haben musste, weil er, durch den bevorstehenden Brückenbau, seine Arbeit als Fährmann, ja, seinen Lebensinhalt und Existenz gefährdet sah.

Bald verlor ich ihn aus den Augen. In Moosflüstern (2017) begleitete ich Heinrich Lieber und seine Mutter Anna nach Island, lernte Kalmann (2020) kennen und versuchte, Tell (2022) einen neuen Glanz zu verpassen.

Aber immer wieder machte der Fährmann auf sich aufmerksam. Sein Schicksal, seine Geschichte; Ósmann ließ mir keine Ruhe. Letztendlich entschloss ich mich, tiefer in das Leben des Fährmanns einzutauchen, mehr zu erfahren. Überrascht stellte ich fest, dass er sich Zeit seines Lebens deutlich für den Bau einer Brücke ausgesprochen hatte. Wieso also, so wunderte ich mich, hatte der Fährmann beschlossen, seinem Leben ein frühzeitiges Ende zu setzen? Hatte er denn nicht Frau und Kind zuhause, die er liebte, und die ihn brauchten? Welche Geister hatten ihn geplagt?

In Ósmann mache ich mich auf die Suche nach Antworten, schlüpfe dabei in die Haut eines etwas speziellen Erzählers, ein Außenseiter wie ich einer bin in Island, und fülle die Lücken, die über die Jahrzehnte entstanden sind, versuche, die fehlenden Puzzle-Teile zu ergänzen, um ein Gesamtbild zu schaffen, ein ganzes Leben zu erzählen. Entstanden ist ein Porträt, das von dem brüchigen Schicksal des berühmten Fährmanns erzählt, ein mystisch-historischer Roman, eine dichterische Romanbiografie – oder eine Geistergeschichte, wie Sie möchten. Schließlich habe ich mir erzählerische Freiheit erlaubt. Gleichzeitig war es mir ein Anliegen, den Fakten weitgehend treu zu bleiben. Ich tauchte ein in die Archive der Landesbibliothek, kontaktierte zwei Urenkel des Fährmanns, recherchierte einige Male vor Ort, stand an der Flussmündung Ós und schaute aufs Wasser des Gletscherflusses, da wo die Fährstelle einst war. Ich begutachtete Ósmanns-Statue, und es könnte sogar sein, dass ich sie kurz umarmte. Trotz meiner Lust am Fabulieren würden Sie vielleicht staunen, wenn Sie wüssten, wieviel in dem Buch wirklich passiert ist – leider, muss man sagen. Denn die vielen Schicksalsschläge, die schrecklichen Unfälle, die Trinkerei, die Robbenjagd, die Art und Weise, wie sich Ósmann aus dem Leben verabschiedet hat, in der Hoffnung, bei den Robben besser aufgehoben zu sein… es ist leider keine Fiktion. Ósmann war schon seinerzeit eine wandelnde Romanfigur.

Nun wünsche ich Ihnen viele bewegende Begegnungen mit dem Fährmann.

Hochachtungsvoll,

Joachim B. Schmidt


Ósmann
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Ósmann

Hardcover Leinen
288 Seiten
erschienen am 26. März 2025

978-3-257-07330-0
€ (D) 25.00 / sFr 34.00* / € (A) 25.70
* unverb. Preisempfehlung
Auch erhältlich als

Joachim B. Schmidt, geboren 1981, aufgewachsen im Schweizer Kanton Graubünden, ist 2007 nach Island ausgewandert. Seine Romane sind Bestseller und wurden vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Crime Cologne Award und zuletzt mit dem Glauser-Preis. Der Doppelbürger lebt mit seiner Frau und zwei gemeinsamen Kindern in Reykjavík.