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Martin Walker über Krimis und das Périgord

Bruno und das Périgord: Eines kann ohne das andere gar nicht existieren. Wovon der Martin Walker inspiriert wird und wo sein eigenes Leben in das seiner Romane einfließt, davon berichtet der Autor im Gastbeitrag.
 

Foto: Klaus-Maria Einwanger / © Diogenes Verlag

Keine Frage: Bruno, Chef de police kann man sich ohne das Périgord gar nicht vorstellen. Dass er in Berlin eine Currywurst isst oder in London mit der Victoria-Line und nicht einem Citroën CV am lieu de crime erscheint, wäre absurd. Und wir wüssten, wir sind im falschen Film, wenn er seine kulinarischen Menus mit Gemüse vom Lidl und nicht aus dem eigenen Garten und vom Wochenmarkt kocht.
    Welches Dorf und welcher Markt, welcher Wein und welches Croissant, welche Freunde und Familienmitglieder aber sind es denn genau, auf denen die Welt des Polizists aus St. Louis basiert, eine Welt, die nun schon vierzehn Romane umfasst?

Quellen

von Martin Walker

Jeder Krimiautor braucht Wurzeln; einen Ort, der zu einer eigenen Figur werden kann. Sherlock Holmes hatte das viktorianische London: eine Droschke, die durch den Nebel rollt, verschmitzte Jungen, die sich in den Gassen herumtreiben, die Opiumhöhlen in Limehouse. Maigret hatte sein Bistro, Donna Leon hat Venedig. Raymond Chandler hatte Los Angeles, lange bevor es zu Hollywood wurde, und Jack Reacher hat seinen Greyhound-Bus.
    Ehe ich mich versah, hatte das Périgord auch meine Romane übernommen und war zum zentralen Charakter geworden, der langsam, aber sicher, alles und jeden in sich aufsog. Die bemalten Höhlen unserer Cro-Magnon-Vorfahren und die historischen Schlösser wurden zu unverzichtbaren Requisiten, um dieses Gefühl verschiedener Zeiten und Welten zu vermitteln, das die Region bis heute prägt.  
    Bald floss auch der Wein in meinen Geschichten, zuerst nur als Begleitung zum Essen, dann aber entsprang meiner Vorstellung der Weinberg der Stadt, und die herrlichen Weine von Pécharmant, Montravel und Monbazillac wuchsen zu einem angenehmen Strom heran. Es folgten die Jäger und mit ihnen die Wildschweine, die bei gemeinsamen Festen über dem Feuer gebraten wurden. Später wurden selbst Pferde zu wichtigen Figuren, bis die Bassets ihnen die Show stahlen, während mittelalterliche Festungen ihren ganz eigenen Platz in meinen Geschichten einforderten.
    Je mehr ich über die Region erfuhr, desto mehr beeinflusste sie meine Romane; vom Abt von Sarlat, der mit einem Pfeil aus einer Armbrust getötet wurde, während er von seiner eigenen Kanzel predigte, über das halb verfallene Schloss Commarque, erbaut im 8. Jahrhundert zur Zeit von Karl dem Großen, und dem damaligen Grafen, bis zu dessen direktem Nachkommen, der elf Jahrhunderte später ein Anführer der Resistance und 1944 von der Gestapo in ein Konzentrationslager verschleppt wurde.
    Ein anderer Autor hätte vielleicht diesem sich langsam anschleichenden, steten Druck der Region, in der ich meine Geschichten über den Polizisten Bruno erdacht habe, widerstehen können. Aber Bruno war nie nur ein Polizist. Er hatte zehn Jahre in der französischen Armee gedient und wurde in Sarajevo mit dem blauen Helm der UN-Friedenssoldaten auf dem Kopf verwundet. Er verbringt seine Freizeit damit, mit den Kindern aus dem Dorf Tennis und Rugby zu spielen, er ist Mitglied von zwei Jagdclubs und genießt seine Aufgaben als Impresario der kostenlosen Konzerte, die im Sommer am Flussufer veranstaltet werden.

Foto: © Klaus Einwanger

    Aber was wirklich seltsam ist: Bruno ist inspiriert von meinem Freund und Tennispartner Pierrot. Bei Jean-Jacques, dem Chef der Kriminalpolizei des Departements, war es mein Nachbar Raymond, der Capitaine der Gendarmerie war. Auch Jack Crimson, der britische Diplomat im Ruhestand mit Verbindungen zum Geheimdienst, beruht auf einem anderen Freund, den ich lieber nicht namentlich nenne. Gilles, der Journalist von Paris Match, ist angelehnt an einen anderen Freund, und der Bürgermeister in meinen Geschichten stützt sich auf die beiden großartigen Bürgermeister meiner Stadt. Sie wurden Freunde, obwohl sie unterschiedlichen politischen Parteien angehörten. Hubert, der Inhaber der Weinhandlung von St. Denis, ist nach meinem Freund Julien Montfort gezeichnet, ein Weinhändler mit eigenem Weinberg. Mit ihm stelle ich den Cuvée Bruno Wein her, auf den wir beide so stolz sind.
    Der springende Punkt jedoch ist: Für die Frauen in meinen Romanen habe ich keine solchen Inspirationsquellen. Es gibt keine ehrgeizige Isabelle, die sich eine tolle Karriere im französischen Geheimdienst aufbaut; keine schottische Pamela, die eine desaströse Ehe mit einem britischen Banker hinter sich hat und nun die hiesige Reitschule leitet. In meinem Leben gibt es weder eine Vorlage für Fabiola, die örtliche Ärztin, noch für Florence, die geschiedene Mutter der Zwillinge, die Bruno aus ihrem miesen Job befreit, damit sie sich eine kleine Karriere als angesehene Lehrerin in St. Denis aufbauen kann.
    Liegt es daran, dass die Frauen, die ich kenne, schwer zu fassen, zu mysteriös und zu einzigartig sind, um jemals in die Figurenzeichnung meiner Romane einzufließen? Natürlich gibt es wunderbare Frauen in meinem Leben: meine Mutter, Dorothy McNeil von der Hebrideninsel Barra; und meine kluge und schöne Frau Julia, mit der ich schon seit über 40 Jahren verheiratet bin, eine unglaubliche Köchin und Food-Journalistin. Wir haben zwei Töchter, Kate, die Formel-Eins- Journalistin, und Fanny, die Lyrikerin. Aber ich werde es niemals wagen, sie in meine Romane einzufügen. Es gibt weibliche Verwandte und Freundinnen, deren Gesellschaft und Klugheit ich genieße und bewundere, aber sie alle sind so einzigartig, so unergründlich, dass ich es nicht wage, an ihrer Privatsphäre und Einmaligkeit zu rühren.
    Und dann gibt es noch die kleine Stadt, St. Denis nenne ich sie, die sehr der Stadt gleicht, zu deren Markt wir zu Fuß gehen können. Doch die historische Kirche habe ich von anderswo hinzugefügt. Ich habe ein kleines Café ins Leben zurückgerufen, dass damals die besten Croissants servierte, aber schon lange den Besitzer gewechselt hat. Und ich habe einen genialen, alten Priester erfunden, der weise ist und fromm, und dennoch verständnisvoll mit dem unvollkommenen oder fehlenden Glauben seiner Gemeinde umgeht. Ich habe sogar ein lokales Restaurant erträumt, von dem ich mir wünsche, es würde existieren. Aber angesichts all der wunderbaren Geschenke, die mir mein Périgord gemacht hat, ist das womöglich ein bisschen viel verlangt.

Périgord-Karte und Reisetipps von Martin Walker

Dieser Bericht ist aber nur die Spitze des Eisbergs aus Monbazillac und Trüffel: Wie unglaublich viel im Périgord steckt, kann man im neu erschienenen Geschenkbuch Brunos Périgord entdecken. Martin Walker, Bruno-Autor und Historiker, nimmt uns auf seine charmante und unvergleichliche Art auf eine Reise durch Zeit und Raum mit. Angefangen bei unseren Urahnen, den Cro-Magnon-Menschen, über die besten Geschichten aus der Grand Siècle bis hin zur Résistance während des Zweiten Weltkriegs: Gemeinsam mit den Fotos von Klaus Einwanger bekommt man schon beim Schmökern einen Eindruck davon, wie es ist, da in der Region Frankreichs, in der man wie ein Gott auf Erden leben kann.
    Interaktiv kann man die Geografie von allen Jahrhunderten in der exklusiv erstellten Google Maps entdecken und im Fall einer Reise ins Périgord für die Planung zu Rate ziehen:

 

Wie man eine Woche im Périgord verbringen kann, dazu hat Martin Walker in Brunos Périgrod auch ein Kapitel geschrieben. Bei zukünftigen Urlauben im Perigord ist diese Karte sicherlich ein wunderbarer Begleiter!