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Donna Leon: »Tod zwischen den Zeilen«

Von Kunstraub wissen wir. Weniger bekannt, aber nicht weniger beunruhigend ist die Plünderung von Bibliotheken. Aus Angst vor Nachahmungstätern wurde dieses Vorkommnis lange totgeschwiegen. Nun ist es Thema in Donna Leons neuem Roman Tod zwischen den Zeilen.

Tod zwischen den Zeilen
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2012 war in den Zeitungen Unglaubliches zu lesen: Die uralte neapolitanische Biblioteca dei Girolamini wurde von ihrem eigenen Chef ausgeplündert. Der Direktor, Massimo de Caro, entpuppte sich als einer der größten Bücherdiebe der Geschichte. Qualifiziert für seine Stelle haben ihn falsche Hochschulabschlüsse und Professorentitel. Auch hat er ein Manuskript von Galileo Galilei gefälscht und damit die ganze Fachwelt erfolgreich getäuscht. De Caro hatte sein eigenes Vertriebsnetz, ein eigenes Antiquariat in Verona und jemanden in Rom, der ihm Wasserzeichen aus den Büchern entfernt hat. So entwendete er Bücher im großen Stil.

Im Roman Tod zwischen den Zeilen ist die geschädigte Bibliothek in Venedig angesiedelt, auch werden viel weniger Bücher entwendet als in der Biblioteca dei Girolamini.

Was den Fall für Commissario Brunetti und das wirkliche Ereignis in Neapel verbindet, ist das Thema: das Beschädigen und Entwenden kostbarer Raritäten um des Profits willen. Landkarten und Illustrationen werden aus alten Folianten herausgeschnitten und separat verkauft. Der Handel mit solchen Einzelblättern zählt zu den Wachstumssektoren auf dem antiquarischen Kunstmarkt, nicht zuletzt weil die Raritäten sichere Geldanlagen sind. Zudem: Solange nur einzelne Seiten aus kostbaren Büchern verschwinden, bleibt das zerstörerische Tun oft lange unbemerkt. In der Yale Library ist ein Täter erst aufgeflogen, als ihm das Messer runtergefallen ist. Häufig sind es Verbrechen von Insidern, nicht wenige von ihnen verstehen sich als Gentlemanverbrecher.

Brunetti, der am Feierabend zwar Lateiner und Griechen verschlingt, um sich von seinem Alltag zu erholen (gemäß Donna Leon liest er alles gern, was sie selbst gern liest: Aristoteles, Plinius, Cicero und Vergil, Marc Aurel), muss sich in solch ein Tun erst hineindenken: Bücher als Statussymbol und Fetisch, als Gegenstand von Raubzügen und Sammlerwut, das ist ihm fremd.

Foto: © Tom Murphy VII (Own work) [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Ein verschwundenes Buch aufzuspüren ist mindestens so schwierig wie einen vermissten Menschen, denn höchst selten hinterlässt ein einzelnes Exemplar einen ausreichend detaillierten Fingerabdruck in einem Katalog, um es von allen übrigen Exemplaren desselben Titels zu unterscheiden. So werden von Buchdiebstählen weniger als 5% aufgeklärt – bei Kunstwerken sind es immerhin die Hälfte der Delikte.

Was Donna Leon daran so traurig macht, ist Folgendes: »Wenn ich ein schlimmes Verbrechen anprangern sollte, wäre es nicht ein Banküberfall, da geht es nur um Geld. Alte Bücher aber können nie mehr ersetzt werden.«

Foto: Regine Mosimann / © Diogenes Verlag

Etliche der in Tod zwischen den Zeilen gestohlenen kostbaren Raritäten stammen von dem venezianischen Drucker und Verleger Aldus Manutius. Im 15. Jahrhundert war die Handelsstadt Venedig der Hauptumschlagplatz für Bücher. Die Ausgaben von Manutius, die sogenannten Aldinen, waren innovativ und preiswert. Er erfand u.a. das Quartformat – eine Art Taschenbuch – für populäre Klassikerausgaben. Sein Ziel war, die griechischen und römischen Autoren der Antike den Humanisten der Renaissance zugänglich zu machen. Heute sind die Aldinen begehrte Sammlerstücke und erzielen bei Auktionen hohe Preise.

Das Signet der Aldus-Presse mit Anker und Delfin. Der Anker symbolisiert Verlässlichkeit und Solidität, der Delfin steht für Schnelligkeit.

 

Donna Leons Roman Tod zwischen den Zeilen ist am 20. Mai 2015 erschienen. Auch als ebook und als Hörbuch, gelesen von Joachim Schönfeld.